Thomas Heisig

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Entwicklung komplexer Stuckarbeiten und Vergoldungstechniken

Barock und Rokoko

Die kunstvolle Gestaltung von Innenräumen durch Stuckarbeiten und Vergoldungen erreichte in den Epochen des Barock (ca. 1600–1750) und Rokoko (ca. 1720–1780) einen Höhepunkt. Diese Techniken wurden perfektioniert, um Pracht und Eleganz zu vermitteln und Innenräume zu beeindruckenden Gesamtkunstwerken zu machen.


1. Stuckarbeiten

1.1 Entwicklung der Technik

  • Antike Ursprünge:
    • Stuck (aus dem Lateinischen „stuccare“ = bedecken) wurde bereits in der Antike zur Dekoration von Wänden verwendet.
    • Materialien: Kalkmörtel, gemischt mit Sand, Marmorpulver oder Gips.
  • Mittelalter:
    • Weniger verbreitet, hauptsächlich in religiösen Gebäuden zur Schaffung einfacher Reliefs.
  • Renaissance:
    • Wiederentdeckung der Stuckarbeiten; verstärkt symmetrische und geometrische Muster.
  • Barock und Rokoko:
    • Stuckarbeiten wurden zu hochkomplexen, plastischen Kunstwerken.

1.2 Merkmale der Stuckarbeiten

Barock

  • Komplexität:
    • Dreidimensionale Reliefs und ornamentale Verzierungen mit dramatischen Bewegungen.
  • Themen:
    • Religiöse Symbole, Engelsfiguren, florale Motive und Fabelwesen.
  • Verwendung:
    • Decken, Wände, Gewölbe und Altarrahmen wurden mit Stuck dekoriert, oft in Kombination mit Fresken und Vergoldungen.
  • Techniken:
    • Mehrschichtige Arbeit:
      1. Grundierung: Grober Kalk- oder Gipsmörtel.
      2. Modellierung: Formen wurden frei mit der Hand oder Schablonen modelliert.
      3. Veredelung: Feiner Stuck mit Marmorpulver und Glättung.
  • Beispiele:

Rokoko

  • Leichtigkeit und Eleganz:
    • Ornamente wurden zarter und filigraner, oft asymmetrisch (Rocailles).
  • Themen:
    • Blumengirlanden, Putten, Muschelmotive und geschwungene Linien.
  • Farbgestaltung:
    • Häufig pastellfarbige Grundtöne, kombiniert mit Weiß und Gold.
  • Beispiele:

1.3 Techniken und Werkzeuge

  • Werkzeuge:
    • Spachtel, Modelliermesser, Pinsel, Gipsformen und Schablonen.
  • Materialien:
    • Kalkmörtel, Gips, Marmorpulver, Wasser.
  • Besondere Innovationen:
    • Stuckmarmor: Ein Imitationsmaterial, das echten Marmor simulierte. Es wurde durch Einfärbung und Politur von Stuck erreicht.
      • Beispiel: Jesuitenkirche in Wien – aufwendiger Einsatz von Stuckmarmor.

2. Vergoldungstechniken

2.1 Entwicklung der Technik

  • Antike Ursprünge:
    • Die Vergoldung wurde bereits in Ägypten und Rom angewandt, hauptsächlich durch Blattgoldtechniken.
  • Mittelalter:
    • Vergoldung wurde für religiöse Kunstwerke und Altäre verwendet, oft mit Tempera als Grundierung.
  • Renaissance:
    • Verbesserung der Techniken durch die Kombination mit Ölfarben.
  • Barock und Rokoko:
    • Perfektionierung der Vergoldung, um Innenräume, Möbel, Skulpturen und Stuckwerke zu veredeln.

2.2 Merkmale der Vergoldung

Barock

  • Dramatik und Glanz:
    • Vergoldung wurde großzügig eingesetzt, um Pracht und göttliche Herrlichkeit zu symbolisieren.
  • Anwendung:
    • Altäre, Rahmen von Gemälden, Deckenverzierungen und Stuckornamente.
  • Techniken:
    1. Blattgold: Dünne Goldfolien wurden auf eine mit Leim (Polimentvergoldung) oder Ölkitt (Ölvergoldung) präparierte Oberfläche aufgebracht.
    2. Feuervergoldung: Vergoldung von Metallen durch Erhitzen von Quecksilber mit Gold, um eine dauerhafte Verbindung zu schaffen.
  • Beispiele:

Rokoko

  • Eleganz und Zartheit:
    • Vergoldung wurde sparsam und gezielt für Akzente verwendet, z. B. in Kombination mit Weiß oder Pastelltönen.
  • Themen:
    • Florale Motive, Muscheln und Putten.
  • Beispiele:

2.3 Techniken und Werkzeuge

  • Polimentvergoldung:
    • Anwendung auf Holz oder Stuck:
      1. Grundierung: Mehrere Schichten aus Kreidegrund.
      2. Poliment: Roter oder gelber Lehm als Basis.
      3. Vergoldung: Auflegen von Blattgold, Polieren mit Achat.
  • Ölvergoldung:
    • Haltbare Vergoldung, besonders für Außenbereiche.
  • Werkzeuge:
    • Vergolderkissen, Anschießer (weicher Pinsel), Achatpolierer, Goldmesser.

3. Bedeutung für die Kunstgeschichte

Barock

  • Stuck und Vergoldung wurden genutzt, um monumentale Räume zu schaffen, die göttliche Herrlichkeit und die Macht der Auftraggeber repräsentierten.
  • Dynamik und Dramatik wurden durch Lichtreflexionen auf vergoldeten Oberflächen verstärkt.

Rokoko

  • Der Fokus verschob sich auf Eleganz und Leichtigkeit, um intime und ästhetisch ansprechende Räume zu schaffen.
  • Vergoldung und Stuckarbeiten wurden harmonisch in die Architektur integriert.

4. Vergleich: Barock und Rokoko

AspektBarockRokoko
StuckarbeitenGroßflächig, dramatisch, dreidimensionalZart, filigran, asymmetrisch
VergoldungReichlich, dominierendAkzentuiert, harmonisch kombiniert
ThemenReligiös, monumentalWeltlich, verspielt
FarbkombinationenDunkle Farben mit GoldPastelltöne mit Weiß und Gold

5. Vertiefende Quellen

  1. Schloss Sanssouci – SPSG.
  2. Barocke Stuckarbeiten – Wien Info.
  3. Amalienburg – Bayerische Schlösserverwaltung.
  4. Vergoldungstechniken – National Gallery.

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